Fridays For Future

Das Foto von fritzphilipp photography zeigt eine Frankfurter fridays for future-Demonstration, im Hintergrund sieht man den Frankfurter Messeturm

Was ist Fridays For Future? Ende August 2018 boykottierte die schwedischen Schülerin Greta Thunberg erstmals den Unterricht um gegen den Klimawandel zu demonstrieren. Sie setzte sich mit einem Schild mit der Aufschrift „Schulstreik für das Klima“ („Skolstreijk för klimatet“) vor das schwedischen Reichstaggebäude in Stockholm. Sie kündigte an, ihren Streik solange aufrecht zu erhalten, bis die Klimapolitik Schwedens dem Pariser Klimaabkommen von 2015 entspräche. Thunberg gilt als Initiatorin der globalen Schüler- und Studentenbewegung Fridays For Future, die seit vergangenem Jahr großen Zuwachs hat. Jeden Freitag während der Unterrichtszeit ruft Fridays For Future auch in Deutschland zum Streik und zu Protesten gegen die mangelnde Initiative von Politikern für den Klimaschutz auf. Kritiker sehen die Bewegung zum Schutz der Umwelt skeptisch und halten deren Forderungen für realitätsfern. Die Proteste während der Unterrichtszeit werden kontrovers diskutiert. Muss dafür die Schule geschwänzt werden, geht das nicht auch nachmittags oder am Wochenende?

Naive Schulverweigerer?

Das Foto von fritzphilipp photography wurde bei einer fridays for future Demonstration in Frankfurt aufgenommen und zeigt Schüler, während sie Slogans rufen und ein großes Plakat tragen

Es ist fraglich, ob die mediale Aufmerksamkeit ebenso groß wäre, wäre das „Schwänzen“ nicht Bestandteil des Protestes. In anderen Bereichen wird der Streik von z.B. Arbeitnehmern als adäquates und moralisch vertretbares Druckmittel genutzt. Er soll den Forderungen der Streikenden Nachdruck verleihen. Die Bewegung Fridays For Future sieht sich auch mit dem Argument der Ahnungslosigkeit konfrontiert. Es handele sich um Schüler und junge Menschen, denen die Fachexpertise fehle, um die politischen Entscheidungen nachvollziehen zu können. Ist davon auszugehen, dass das Alter das Bildungsniveau in Bezug auf klimapolitische Sachverhalte beeinflusst? Wenn man sich die teils naiven und populistischen Äusserungen „erwachsener“ Menschen zum Thema Klimawandel anhört, wohl eher nicht.

Fridays For Future in Frankfurt

In der Vergangenheit hieß es häufig, die heutige Jugend sei unpolitisch. Was wir an einem Freitag Ende März dieses Jahres an der Bockenheimer Warte in Frankfurt erlebt haben, kann das nicht bestätigen. Zunächst waren wir überrascht, wie vielfältig die Versammlung war. Schüler unterschiedlichen Alters, Studierende, Eltern, usw. waren vertreten. Anfangs sah es noch ein bisschen nach „zusammen gewürfeltem Haufen“ aus. Aber als die Initiatoren über Megafone die Ziele der Demonstration formulierten, die Bewegung sich langsam in Gang setzte, wurde eines deutlich: Diese Leute meinen das ernst und sind informierter, als es für einfaches Schuleschwänzen nötig wäre. 

Fritz Philipp Fotograf Frankfurt Fridaysforfuture 06
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Die letzten handlungsfähigen Generationen

Es handelt sich bei den Demonstrierenden nicht um ein paar naive Kinder, die in erster Linie „blau machen“ wollen. Der Wunsch der Protestierenden nach einem politischen Umdenken und Umlenken ist enorm. Und er hat Dringlichkeit. Auf die Straße gehen derzeit vor allem junge Menschen. Sie gehören einer der letzten Generationen an, die die menschengemachten Erderwärmung noch effektiv beeinflussen kann. Ob das naiv ist? Vielleicht, aber es erscheint auch angebracht. Abgesehen davon implizieren Protestbewegungen immer eine gewisse Naivität und den Glauben an eine Utopie. Täten sie das nicht, würde es keiner auf die Straße schaffen. Und wenn am Ende nur ein Bruchteil dieser vermeintlichen Naivität zu Realität wird, war es die Sache schon wert.

Fridays For Future ohne Schulstreik: Extinction Rebellion 

Neben Fridays For Future hat sich in England im Herbst 2018 die ebenfalls gewaltfreie und mittlerweile internationale Bewegung Extinction Rebellion gebildet. Im Grunde mit ähnlichen Motiven und Zielen wie Fridays For Future. Allerdings zu „radikaleren“, friedlichen Protesten aufrufend. Beispielsweise blockierten rund 6000 Demonstranten im November vergangenen Jahres die wichtigsten Brücken über die Themse und sorgten damit für ein Verkehrschaos. Angesichts des IPCC-Sonderberichtes aus dem Oktober 2018 ist das Entstehen und Wachsen solcher Bewegungen folgerichtig. Momentan sind die Auswirkungen der Erderwärmung (zumindest in unseren Breitengraden) noch nicht wirklich spürbar. Wir haben hier in Europa mal einen trockenen Sommer, Stürme oder Hochwasser. Doch Extremwetterlagen über deutlich längere Zeiträume, die in Zukunft zur Norm werden, haben wir noch nicht erlebt.

Das Foto von fritzphilipp photography zeigt die Maße von Demonstranten und originelle Plakate, die in Frankfurt immer freitags auf die Straße gehen

Balanceakt am Point of no Return

In ihrem ZEITONLINE-Artikel aus dem Jahr 2018 fassen Nick Reimer und Dagny Lüdemann das Thema sehr gut zusammen: Klimaforscher*innen gehen von einem Point of no Return aus. Das bedeutet, dass ab einer Erwärmung um mehr als 1,5 Grad Celsius unkontrollierbare und irreversible Kettenreaktionen einsetzen. Das Klima erwärmt sich nicht gleichmässig um x-Grad, sondern in manchen Gebieten deutlich dramatischer, zum Beispiel an den Polen. Klimaforscher*innen gehen davon aus, dass wir kurz davor sind kritische Schwellenwerte zu überschreiten. In der Folge werden globale Trends ausgelöst, die unumkehrbar und nicht aufzuhalten sind. Diese als Kippelemente bezeichneten Klimaphänomene, ausgelöst durch die Erderwärmung sind:

Tauende Permafrostböden

Tauende Permafrostböden halten rund 1.500 Milliarden Tonnen Kohlenstoff. Das ist fast doppelt soviel wie es derzeit in der gesamten Erdatmosphäre gibt. Bereits jetzt hat das Tauen der Böden in Sibirien und Nordamerika begonnen, einmal in Gang gesetzt, ist der schnelle Auftauprozess nicht mehr aufzuhalten.

Regenwäldern droht der Hitzekollaps

Den Regenwäldern droht der Hitzekollaps. Der Amazonasregenwald speichert oberirdisch besonders viel Kohlenstoff. Steigt die weltweite Temperatur im Durchschnitt um mehr als zwei Grad, setzt das die Regenwälder unter Hitzestress und in Folge dessen unter Trockenstress. Dieser Negativ-Kreislauf führt letztlich zum Absterben des Regenwaldes, der dann den gespeicherten Kohlenstoff frei gibt und zu einer weiteren Erwärmung der globalen Temperatur um mindestens 0,3 Grad führt. 

Taigawälder ebenfalls bedroht

Ähnliches gilt für die Wälder des Nordens. Den Taigawälder droht durch Trockenheit, Waldbrände und Stürme ebenfalls die Zerstörung. Auch sie geben dann den momentan gebundenen Kohlenstoff frei. Folge: Weiterer globaler Temperaturanstieg durch freigesetzte Treibhausgase.

Eis-Albedo-Rückkopplung

Der Nordpol friert nicht mehr zu, seit Jahren geht das Eis zurück. Im Februar 2018 (Höhepunkt des arktischen Winters) wurde die geringste, je gemessene Eisdecke in der Arktis dokumentiert. Je weniger Eis (welches, da es weiß ist, rund 90% der  Sonnenstrahlen reflektiert), desto mehr Wasser. Wasser aber reflektiert nur 10% einfallender Energie und absorbiert die restlichen 90% . Das führt dazu, dass das noch vorhandene Eis schneller schmilzt.

Schmelzende Gletscher

Die großen Eisschilde auf Grönland und am Südpol drohen zu schmelzen. Für den Eispanzer auf Grönland geht man von einer kritischen Temperatur zwischen einem und zwei Grad aus. Allein das Tauen dieser bis zu drei Kilometer dicken Landeismasse führt zu einem Anstieg des Meeresspiegels um 58 Metern. Aber indirekt hat das geschmolzene Süßwasser noch andere Auswirkungen. Schmelzendes Gletschereis erwärmt nicht direkt das weltweite Klima. Aber es gefährdet den Golfstrom vor Grönland (Hollywoodproduktion haben sich massenwirksam mit dem Thema beschäftigt). Der Golfstrom ist wie eine globale Energiepumpe. Salzhaltiges Ozeanwasser vor Grönland kühlt sich ab, sinkt (da es schwerer wird) auf den Meeresgrund und zieht wärmeres Wasser aus der Karibik nach. Das schmelzende Grönlandeis besteht allerdings aus Süßwasser, es ist leichter als Salzwasser. Das getaute Süßwasser verhindert zunehmend Tiefenwasserbildung und der Golfstrom kann sich abschwächen und zum erliegen kommen. Die langfristige Folge ist in diesem Fall eine Eiszeit anstelle einer Heißzeit.

Veränderung regionaler Wettersysteme

Regionale Wettersysteme, wie Monsun und Jetstream drohen aus dem Takt zu geraten. Steigt die weltweite Oberflächentemperatur um mehr als zwei Grad, kommt es dann vermehrt zu Dürren und zu Überflutungen. Schon jetzt sind diese regionalen Systeme aus dem Gleichgewicht und wir bekommen die Folgen in Zukunft noch massiver zu spüren. 

Tote Korallenriffe

Korallenriffe sind im engeren Sinne kein Kippelement. Das Absterben führt nicht zu weiterer Erderwärmung, allerdings ist der Prozess unwiderruflich und schon im Gange. Wenn die Korallen verschwunden sind, sterben weitere Arten und die gesamte Nahrungskette bricht zusammen. Auch wir sind Teil dieser Nahrungskette: eine halbe Milliarden Menschen weltweit ist von intakten Korallenriffen abhängig.

Weitere besorgniserregende Kippelemente

In Ozeanen von Eis umhülltes Methanhydrat steigt bei Erderwärmung als Treibhausgas in die Atmosphäre. Auch der Wechsel zwischen den Wetterphänomenen El Niño und La Niña im Pazifik verändert sich im Zuge der globalen Erwärmung besorgniserregend. Schon heute entstehen in dieser Region vermehrt Extremwetterlagen.

Konsequenzen

Im Pariser Klimaabkommen von 2015 wird ein 2-Grad-Ziel formuliert mit der Absichtserklärung, wenn möglich auch unter 1,5 Grad Erderwärmung bleiben zu wollen. Forscher gehen heute davon aus, dass zwei Grad schon zuviel sind. Bei 1,5 Grad hofft man, die Kippelemente noch kontrollieren zu können. Um dieses Ziel zu erreichen, müsste sich die Weltwirtschaft jetzt grundlegend umstrukturieren. Im Moment bewegen wir uns auf drei Grad globale Erderwärmung zu. Die Folgen sind abzusehen und dramatisch.

Das Foto von fritzphilipp photography zeigt im Hintergrund den "Hammering Man" in Frankfurt während die Schüler mit Plakaten durch die Straße laufen

Handeln wir jetzt und wieviel Wandeln muten wir uns zu? 

Es ist eine Frage mit wenig Antwortoptionen. „Ja“ und „viel“ bedeutet sofort und radikal. „Ein bisschen“ und „Nicht so einschneidend“ bedeutet erst mal bequem. Später wird das Verfolgen dieser Strategie den Prognosen zufolge  allerdings ungemütlich. Wir werden unter massiven, klimatischen Umweltveränderungen leiden. Wir werden gezwungen sein, uns mit existenziellen Problemen wie Hungersnöten und Naturkatastrophen, dadurch entstehenden Fluchtbewegungen und in Folge dessen politisch instabilen Situationen befassen zu müssen. Derzeit hört sich das für einige vielleicht eher nach apokalyptischer Hysterie an. Allerdings prognostizieren Forschungen verschiedenster Disziplinen genau diese Szenarien. Die unklare Größe ist nicht, dass uns eine (für Menschen und alle anderen Arten) bedrohliche Klimaveränderung bevor steht. Unklar ist nur, wann wir endgültig keinen Einfluss mehr auf die rasante Abwärtsspirale aus klimatischen Wechselwirkungen haben.

„Survival of the fittest“ oder „Wie fit sind wir?“ 

Die Evolution begünstigt die Anpassungsfähigsten. Sind wir in der Lage, unsere Wirtschaft und Kultur jetzt den gegebenen Notwenigkeiten anzupassen? Wenn nicht bleibt die tendenziell überhebliche Idee, dass wir langfristig anpassungsfähig genug für Dürre, Hitze, Artensterben, Feuer, Überschwemmungen, Kälteeinbrüche, Tornados, usw. sein werden. Und die (den aktuellen Forschungsstand ignorierende) Hoffnung, dass es schon nicht so schlimm werden wird.

Letzlich stellt sich die Frage, warum es utopisch und naiv sein sollte, den grundlegenden Wandel hin zu globalem Klimaschutz jetzt konsequent umzusetzen.

Auch der gestern veröffentlichten IPBES-Bericht der Uno zum Thema Artenvielfalt (treffender wäre „Uno-Bericht zum Thema Artensterben“) ist alamierend. Dieser Bericht ist die bis jetzt umfassendste globale Erhebung und Auswertung im Bereich Biodiversität. Angesichts der depremierenden Fakten und noch depremierenderen Zukunftsprognosen, liegt für manche eine fatalistische Haltung eventuell nahe. Aus dem IPBES-Bericht geht allerdings auch hervor, dass wir noch gegensteuern können, wenn die richtigen Maßnahmen jetzt umgesetzt werden.

Wie geht es euch mit dem Thema Klima- und Artenschutz? Ist das eher „Panikmache“, oder seid ihr der Meinung, es sollte viel mehr für den Schutz unserer Umwelt getan werden?

Euer fritzphilipp photography-Team

 

Weitere Links zum Uno-Bericht:

https://www.spiegel.de/thema/klimawandel/

https://www.zeit.de/video/2019-05/6033422735001/un-bericht-weltbiodiversitaetsrat-warnt-vor-artensterben

 

 

 

 

 

 

 

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